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Wenn ein verletzter Spieler spielen will

Nicht nur im Fußball, auch im Basketball, Handball oder Eishockey ist die Corona-Saison 2020/2021 in den Top-Ligen auf die Zielgeraden eingebogen. In den alles entscheidenden Punktspielen, in den Playoffs oder Endspielen geht es um alles. Eine Phase, in der alle Beteiligten enorm unter Druck stehen und in der es besonders auf die jeweiligen Leistungsträger ankommt. Vieles wird überhöht. Für Verletzungen ist diese Saisonphase eine Unzeit. Dennoch kommen sie vor, gar nicht mal so selten. Aber wie sollten Sportler, Trainer und Verantwortliche damit bestmöglich umgehen?

Zum Thema: Umgang mit Sportverletzungen

Eine Verletzung im Sport, vor allem im Leistungssport ist zu keinem Zeitpunkt optimal. Besonders schmerzhaft – im doppelten Sinn – ist eine solche Situation vor wichtigen Entscheidungen. Ein Spiel entscheidet über Auf-und Abstieg, Athleten haben lange auf diesen Wettkampf trainiert oder das Ereignis ist ausschlaggebend für Verlängerung eines Vertrages.

Wenngleich eine Verletzung auch ein Warnsignal des Körpers sein kann: Durch diese Sportverletzung entsteht eine Konfliktsituation: Soll der Sportler am Spiel teilnehmen, auch wenn dadurch das Risiko entsteht, dass er sich eine schwerwiegendere Verletzung zuzieht, die ihn längerfristig außer Gefecht setzt? Oder soll er seine Genesung in den Vordergrund stellen und damit bei einem wichtigen sportlichen Ereignis nur Zuschauer zu sein?

Falsche Vorbilder

„Real men play hurt“, sagte der amerikanische Footballspieler London Fletcher im Jahre 2013. Diese Haltung haben möglicherweise viele Leistungssportler im Kopf, wenn es um Verletzungen im Sport geht. Durch die Interaktion mit anderen Sportlern, die trotz Verletzungen an Wettkämpfen teilnehmen, wird das Bild vermittelt, dass dies die Normalität sei und einen guten Leistungssportler ausmacht (Curry, 1993).

Es besteht nun die Gefahr, dass sich ein verletzter Spieler, der sich momentan in dieser Konfliktsituation befindet, durch die mediale Darstellung eines harten und widerstandsfähigen Leistungssportlers beeinflusst wird. Er meint, dass Verletzungen zum Sport dazu gehören und toleriert werden müssen. Aufgrund dessen verdrängt der Sportler, welche chronischen Schäden er durch diese Haltung davontragen kann und welche Spätfolgen ihn auf kurzem oder langem Wege erreichen werden.

Äußere Einflussfaktoren

Erschwerend kommen die äußeren Einflussfaktoren hinzu, die den Spieler zusätzlich unter Druck setzen, die richtige Entscheidung zu treffen und gleichzeitig niemanden zu enttäuschen. Vielleicht drängen die Sponsoren, die Mitspieler und auch der Trainer darauf, dass der Spieler am Spiel teilnimmt, da er selbst unter enormen Stress steht. Als Trainer steht man stets in der Öffentlichkeit und wird durch die Medien beeinflusst (Safai, 2003). Hinzu kommt die Last der Verantwortung für seine Spieler, die auf den Schultern des Trainers lastet. Dies wirkt sich auch auf den Spieler aus.

Aber nicht nur der Trainer setzt den verletzten Spieler unter Druck. Leistungssportler stehen meist selbst unter medialer Beobachtung. Das baut zusätzlich Druck auf die einzelnen Spieler auf, die um keinen Preis versagen möchten. Dies bewirkt eine Steigerung der mentalen Belastung und bringt alle Akteure dazu, sich gegen die Regeneration und für das Risiko einer längerfristigen Verletzung zu entscheiden nach dem Motto: „Es wird schon gutgehen“.

Die Konfliktlösung

Unter den gegebenen Umständen kristallisieren sich drei Lösungsmöglichkeiten heraus:

Der Verein entscheidet sich für die intensive Behandlung und gegen das Spiel, um die geschädigten Körperstrukturen des Spielers zu regenerieren und zum Beispiel mithilfe von Physiotherapie zu stärken,oder der Spieler wird über die Folgen aufgeklärt, übernimmt die Verantwortung und nimmt trotz Risiko einer länger andauernden Sportverletzung an dem Spiel teil.

Ersteres würde Unzufriedenheit beim Trainer und dem Sportler selbst auslösen, da ihre Erwartungen enttäuscht wären. Die zweite Möglichkeit wäre für den Spieler im ersten Moment zufriedenstellender, allerdings kämen im negativen Fall auf lange Sicht Komplikationen auf ihn zu, da er seine schon vorher geschädigten Strukturen überlasten könnte.

Eine weitere Handlungsmöglichkeit wäre, dass

eine Alternative gefunden wird, die alle Beteiligten zu einem gewissen Grad zufrieden stellt. Wie zum Beispiel, dass der Sportler grundsätzlich am Spiel teilnimmt, aber nur wichtige Spielhandlungen absolviert, wie das Sieben-Meter-Werfen beim Handball.

So könnte er seine Mannschaft unterstützen und gleichzeitig würden seine verletzten Körperstrukturen nicht so sehr belastet werden, wie es bei einer normalen Spielteilnahme der Fall wäre.

Die letzte Vorgehensweise nähme den Druck vom Trainer und dem Spieler, da ein halbwegs normales Spiel garantiert wäre. Auch wäre gewährleistet, dass die Therapie zur Regeneration und Stärkung der verletzten Körperpartie nicht ausgesetzt werden müsste. Diese dritte Handlungsmöglichkeit wird jedoch nur in Einzelfällen zum Tragen kommen.

Fazit

Wichtig für solche Konfliktlösungen ist immer, dass der Sportler stets sein Recht darauf erhält, seine Meinung jederzeit zu ändern und offen seine Wünsche und Bedenken zu kommunizieren.

Letztendlich wird die Entscheidung jedoch der Trainer in Absprache mit der sportlichen Leitung, dem Sportmediziner und dem Physiotherapeuten – und idealerweise unter Einbeziehung eines Sportpsychologen – treffen. Nur wenn aus sportmedizinischer und physiotherapeutischer Sicht „grünes Licht“ gegeben wird, darf ein Athlet zum Einsatz kommen. Die Fürsorgepflicht, den Athleten vor weiteren Verletzungen zu schützen, muss gegenüber des Wunsches, zum Einsatz zu kommen, überwiegen.

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